Der Alte Fritz

Brief Gisela May von März 2000
Brief Gisela May von März 2000

Meine Erinnerungen an Gisela May

Deutschlandfunk, 7.7.2017, 20.10 Uhr

Über 30 Jahre habe ich als Autor mit der am 2. Dezember 2016 verstorbenen Sängerin und Schauspielerin Gisela May zusammengearbeitet. Daraus entwickelte sich eine langjährige Freundschaft. Ich lernte sie als warmherzig, offen und eher unpolitisch kennen. Ihr Bild in der Öffentlichkeit, wo sie bisweilen als unnahbar, streng, als unpersönliche politische Staatskünstlerin, als „rote Soubrette“ wahrgenommen wurde, stimmt mit meinem Erleben absolut nicht überein. Im Westen Deutschlands ist sie, wenn überhaupt, nur als die „Muddi“ aus „Adelheid und ihre Mörder“ bekannt.

1981 traf ich Gisela May zum ersten Mal; unser erstes gemeinsames Lied war „Der Alte Fritz“, ein ironischer Kommentar zur sozialistischen Auferstehung Friedrich II.

Sie lebte allein und rief oft nachts an, zum Beispiel, um mir euphorisiert zu erzählen, wie begeistert ihr Publikum auf ein Konzert reagiert hätte. Wir sprachen über privaten Sehnsüchte und Enttäuschungen, über Krankheit und Alter.

In dem Feature erzähle ich meiner Tochter Nele, Jahrgang 89, als Vertreterin einer Generation, die weder mit den Liedern noch den Rollen der Schauspielerin Gisela May aufgewachsen ist, von meinen Erinnerungen.

 

Hochzeitstag

Noten GlanzbergNorbert Glanzberg und das Protokoll eines gescheiterten Projekts

Deutschlandfunk, 9.3.2012, 20.10 Uhr (50 Minuten)

1986 reiste ich nach Wien und  Paris.

Ich hatte das Libretto für das Musical „Hochzeitstag“ verfasst, die Musik dazu hatte der jüdische Komponist Norbert Glanzberg in Paris geschrieben. Zwei Schauspieler sollten es aufführen: Gisela May aus Berlin  und der Wiener Michael Heltau.

Glanzberg spielte mir in Paris stundenlang seine Welthits vor, erzählte von seiner Kindheit in Würzburg, vom Engagement am Berliner Admiralspalast, wo er u.a. mit  Billy Wilder, Erich Kästner und Max Ophüls zusammenarbeitete, von der Flucht nach Paris und seiner Liebe zu Edith Piaf. – Es war eine fruchtbare Arbeitswoche.

In Wien sollte das fertige Stück aufgeführt werden, Regie sollte Georgio Strehler führen, mit dem Heltau befreundet war. Ich traf Heltau in Wien jedoch nicht an. Er war einer anderen Verpflichtung gefolgt. Vielleicht wusste er nicht, dass ich nicht so einfach wiederkommen konnte.

Das Projekt scheiterte nach vielen Anläufen. Norbert Glanzberg, dessen Briefe an mich immer verbitterter klangen, gab  Heltau die Schuld. Aber im Grunde waren es die politischen Umstände, die eine Realisation der letzten großen Arbeit Glanzbergs verhinderten.

Norbert Glanzbergs starb 2001.

Das Musical wartet bis heute auf seine Uraufführung.

Podcast: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dasfeature/1665260/

Zahlreiche Liedtexte für Gisela May

„Ich bin allein“, Komp.: Thomas Natschinski

„Clärchens Ballhaus“, Komp.: Manfred Schmitz

„Weißt du noch?“, Komp.: Norbert Glanzberg

Grafik von Peter Muzeniek

 

„Der alte Fritz“ (1987), Komp.: Manfred Schmitz

… Der Mittwoch ist sein allerschönster Tag,
das sieht er das, was er am liebsten mag:
Soldaten kommen da im strammen Tritt,
und vorneweg marschiert die Blasmusik.
Und, ach wie schön, direkt vor seinem Bug,
da findet statt der Große Wachaufzug.
Und wenn sich dann die Blasmusik entfernt,
denkt er, na, wenigstens das hamse nich verlernt.
Es ist kein Witz,
der alte Fritz
ist wieder da …

Hochzeitstag

Musical für zwei Schauspieler, 1985 (unveröffentlicht) Komponist: Norbert Glanzberg (Paris)

Ursprünglich für Gisela May und Michael Heltau geschrieben kam es nie zur Aufführung. Die „Verhältnisse“ standen im Wege.

Inhalt: Der 30ste Hochzeitstag von Schauspielerin Christine und Hochschulprofessor Henry fällt ausgerechnet auf einen Sonntag. Traditionell wird dieser Tag im Familienkreis festlich begangen. Doch seit kurzem ist das letzte ihrer drei Kinder aus dem Haus. Es ist plötzlich sehr ruhig geworden. Beide befinden sich in einer Ausnahmesituation, die dazu führt, dass sie über ihr Leben und ihre Beziehung nachdenken und reden.